Berufstätigkeit im Wandel – ein Porträt
Digitalisierung, lebenslanges Lernen, Wandel der Arbeitswelt – das sind häufig verwendete Schlagworte. Was heißt das konkret? Dirk Bullmann arbeitet bei einer großen Versicherung, in einer Branche, in der die Digitalisierung vieles verändert.
Er weiß noch, wie das geht: Übers Land fahren, von Termin zu Termin, und Versicherungen verkaufen. Drei Jahre lang hat Dirk Bullmann im Außendienst gearbeitet, hat den Menschen erklärt, welche Leistungen eine Versicherung bietet. Die Kunden haben lange Formulare ausgefüllt und unterschrieben. Diese Formulare sind dann in einem Büro bearbeitet und abgeheftet worden. Später hat der Kunde einen Brief mit der Versicherungspolice bekommen.
Heute läuft vieles anders, schlanker und schneller. „Etwa ein Fünftel unserer Kunden möchte Versicherungen online abschließen“, sagt Dirk Bullmann. „Wenn Fragen auftauchen, sollten die Berater am Telefon sofort alle Daten verfügbar haben. Dann müssen die Kunden ihre Geschichte nicht mehrmals erzählen.“ Solche Wünsche versucht Bullmann zu erfüllen. Im Außendienst arbeitet er schon lange nicht mehr. Der Wandel in der Versicherungsbranche bot ihm eine Chance, die er genutzt hat.
Sein Büro findet man heute in der Firmenzentrale in Hannover, wo er als Marketing-Manager das Angebot der Versicherung fortlaufend verbessert. Und verbessern heißt in diesem Fall auch oft: vereinfachen und beschleunigen. Zur Zeit entwickelt er ein internetbasiertes Tool, in dem Kundendaten zusammengeführt werden, damit die Versicherungsvermittler sofort im Blick haben, welcher Kunde welche Produkte erworben hat oder wofür er schon mal Interesse gezeigt hat.
„Google macht uns vor, wie es geht“, sagt Bullmann. Allerdings sei es wichtig, mit den Kundendaten sehr sorgfältig umzugehen. Prozesse verknüpfen, dabei den Datenschutz beachten und sinnvolle technische Möglichkeiten finden – so etwas kann einer alleine gar nicht leisten. „Wir sind hier immer in Teams unterwegs“, erzählt der 46-Jährige. Überhaupt sei eine Versicherung viel interessanter, als die meisten Menschen dächten. Es gebe Fachleute für alles und jedes. Und immer wieder muss Bullmann sich auch selbst auf Neues einlassen, muss dazulernen, sich abstimmen, den Überblick behalten – mit einem Wort aus der Business- Sprache: Er ist ein Schnittstellenmanager.
Auf dem Weg vom Außenposten in die niedersächsische Firmenzentrale hat ihm sein sozialwissenschaftliches Studium geholfen. „Weniger wegen der Inhalte, sondern weil man da lernt, selbstständig Projekte zu planen, sich neues Wissen zu erarbeiten und zu präsentieren – Schlüsselkompetenzen eben“. Und auch nach dem Einstieg bei der Versicherung hat er sich immer wieder weitergebildet. Sogar ein berufsbegleitendes Abendstudium hat er absolviert – mit Unterstützung seines Arbeitgebers, der diese Eigeninitiative fördert.
Bullmann rechnet fest damit, dass er sich auch in Zukunft weiterentwickeln muss. „Da kommt noch einiges auf mich zu.“ Er sagt das entspannt, fast heiter. Eine ständige Veränderung ist für ihn ein Teil seines Berufes. Und ihr müssen sich bald viele der gut 20.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die der Talanx-Konzern weltweit beschäftigt, stellen. Versicherung – damit verbinden viele Sicherheit und Stabilität, auch im Job. Aber der digitale Wandel schüttelt gerade diese Branche gründlich durch. „Heute ist ein anderer Mitarbeitertyp gefragt als vor zehn oder 20 Jahren. Und es ist nicht einfach, grundlegende Einstellungen über Bord zu werfen.“ Man ahnt, dass hinter diesen Worten manchmal herausfordernde Veränderungsprozesse stehen.
Tarifanpassungen, Kostenberechnungen, Aktualisierung von Kundendaten – wo früher Sachbearbeiter mit spitzem Bleistift Daten eintrugen, arbeiten heute Computer – schneller, billiger und meistens fehlerfrei. Digitalisierung ist das Stichwort, das die gesamte Versicherungsbranche umtreibt. Hat Bullmann kein Problem damit, dass seine Projekte an einem möglichen Stellenabbau mitwirken? „Es geht eher um Stellenveränderungen“, korrigiert er und verweist auf die vielen anspruchsvollen Jobs, die mit dem Wandel entstehen. Zudem führe kein Weg daran vorbei, dass traditionsreiche Unternehmen wie Talanx und HDI wirtschaftlicher arbeiten müssen, denn die Konkurrenz schläft nicht. „Trotz allem sind wir kein Startup-Unternehmen und wir werden nie eins sein. Aber wir arbeiten eng mit mehreren Startups zusammen und lernen von erfolgreichen digitalen Projekten im Ausland, um unsere Prozesse schneller zu machen oder Apps für die Kunden zu entwickeln“, sagt er. In diesem Augenblick wirkt er beinahe etwas ungeduldig – so, als könne er die Zukunft gar nicht erwarten. Text: Burkhard Wetekam
Aufgaben
- Lies das Porträt und beschreibe mit eigenen Worten die berufliche Entwicklung von Dirk Bullmann. Welche Fähigkeiten und Einstellungen, die ihm bei dieser Entwicklung geholfen haben, werden im Text genannt?
- Dirk Bullmann arbeitet in einem großen Unternehmen, in dem sich wichtige Prozesse und Arbeitsweisen verändern. Überlege gemeinsam mit deinem Sitznachbarn/deiner Sitznachbarin, welche Herausforderungen sich auf der persönlichen Ebene und auf der Ebene des Unternehmens dabei ergeben können.