Outsourcing – ein runder Tisch zu einem komplizierten Fall
Wenn Unternehmen versuchen, schwierige Situationen durch Umstrukturierung zu lösen. Ein solcher Fall wird euch im Folgenden vorgestellt.
Die Situation: Ein Landwirtschaftsbetrieb baut um
Ein Gemüse- und Obstbaubetrieb, der in Nähe einer Großstadt angesiedelt ist, hat im Laufe einiger Jahre einen Lieferdienst aufgebaut. Fünf fest angestellte Mitarbeiter/innen liefern Obst- und Gemüsekisten an Privatkunden/innen, Unternehmen und Kindergärten. Nach zwei Jahren mit schlechten Ernten ist das Unternehmen in eine Krise geraten. Die Chefin will den Fahrdienst nun auflösen und die Mitarbeiter/innen anschließend als selbstständige Unternehmer/innen weiterbeschäftigen. Sie können die Fahrzeuge zu einem günstigen Preis kaufen. Die Fahrer/innen sind verunsichert: Was sollen sie von dem Vorschlag halten? Sie holen sich Rat bei einem Gewerkschaftsmitarbeiter.
Statement der Chefin
„Die Kosten für den Fahrdienst sind in den letzten Jahren immer weiter gestiegen, sodass wir gezwungen sind, etwas zu unternehmen. Den Fahrdienst auszulagern ist die einzige Möglichkeit, Kosten zu senken, ohne gleichzeitig den Service für die Kunden zu verschlechtern. Wir wollen den Fahrdienst nicht komplett abschaffen, sondern den Fahrer/innen eine faire Möglichkeit bieten, weiterhin für unseren Betrieb tätig zu sein. Sie können sich selbstständig machen und in Zukunft viele Dinge selbst entscheiden: Sie können ihr eigenes Fahrzeug nutzen, können Aushilfen beschäftigen und sich auch weitere Fahrzeuge zulegen. Sie werden von uns Aufträge bekommen, können aber auch für andere Auftraggeber/innen arbeiten. So hängen ihr Erfolg und ihr Einkommen in Zukunft viel stärker von ihrem Engagement und Geschick ab, im Vergleich zu heute. Die Fahrer/innen sollten die Situation nicht als Krise, sondern als Chance betrachten.“
Statement des Gewerkschaftsvertreters
„Mit dem Outsourcing verfolgt der Betrieb das Ziel, Kosten zu senken. Das kann nur bedeuten, dass die Fahrer/innen in Zukunft weniger Geld bekommen werden. Außerdem tragen sie ein erhebliches Risiko: Sie haben kein sicheres Einkommen mehr, sondern müssen sich aktiv um Aufträge bemühen. Aus Kollegen/innen werden plötzlich Konkurrenten/ innen. Das Versprechen, Aufträge zu fairen Bedingungen zu vergeben, ist wenig wert. Die Fahrer/innen sind selbst für ihre Fahrzeuge verantwortlich, müssen Reparaturen selbst bezahlen und sich bei Krankheit eine Vertretung organisieren. Die Kranken- und Rentenversicherung ist für selbstständige Fahrer/innen teuer. All das müssen die Fahrer/innen in Zukunft bei der Berechnung ihrer Preise berücksichtigen. Sie müssen sich um viel mehr kümmern als bisher, zum Beispiel das Schreiben von Rechnungen und die Bezahlung von Steuern. Ich kann den Fahrern/innen nur raten, sich sehr genau zu überlegen, ob sie sich auf dieses Abenteuer einlassen wollen.“
Die Position der Fahrer/innen
Die fünf Mitarbeiter/innen des Obst- und Gemüsebaubetriebs sind sich nicht einig darüber, wie sie mit dem Vorschlag umgehen sollen. Eine Fahrerin und ein Fahrer, die schon viele Jahre für den Betrieb arbeiten, wollen unbedingt wie bisher fest angestellt bleiben und das notfalls auch in einem Gerichtsverfahren durchsetzen. Ein Fahrer, dessen Frau eine gute Arbeitsstelle hat, würde probehalber auch selbstständig weiterarbeiten und die Tätigkeit aufgeben, wenn das nicht gut läuft. Zwei jüngere Fahrerinnen sind bereit, sich mit dem Vorschlag der Chefin zu beschäftigen. Sie fragen sich allerdings, wie sie möglichst gute Startbedingungen für ihre Selbstständigkeit erreichen können.
Aufgaben
- Findet euch in fünf Gruppen zusammen. Gruppe 1 bis 3 arbeiten jeweils eine der Positionen auf: Fahrer/innen, Geschäftsführung und Gewerkschaftsmitarbeiter. Die vierte Gruppe bereitet die Moderation eines runden Tisches vor, die fünfte Gruppe dokumentiert das Gespräch.
So geht ihr dabei vor:
Die Gruppen 1 bis 3 beschäftigen sich mit ihrer jeweiligen Position und sammeln Argumente für ein Streitgespräch. Sie sollten auch eine mögliche Strategie für einen Kompromissvorschlag ausarbeiten. Bestimmt ein Gruppenmitglied, das für euch am runden Tisch teilnimmt.
Gruppe 4 bereitet die Moderation vor: Überlegt, wie ihr den Gesprächsverlauf gestalten wollt und welche Kompromissvorschläge ihr den Parteien anbieten könnt. Setzt für das Gespräch einen Zeitrahmen von zehn Minuten fest. Bestimmt ein Gruppenmitglied, das das Gespräch am runden Tisch moderiert.
Gruppe 5: Eure Aufgabe ist die Dokumentation des Streitfalls. Plant zunächst, welche Möglichkeiten ihr habt, das Thema darzustellen: fotografisch, mit Smartphone oder als Online-Bericht. Während des Gespräches notiert ihr Stichworte zum Gesprächsverlauf und erstellt das erforderliche Foto- oder Videomaterial.
- Führt den runden Tisch durch. Wertet anschließend im Plenum den Verlauf des Gesprächs und das Ergebnis aus.
- Die Schüler/innen der Gruppe 5 setzen ihre Arbeit fort, die anderen beschäftigen sich mit Unterrichtsmaterial C 8. ARBEITSMATERIAL C 7