Hinweise für Lehrer/innen
Lernkonzept und Kompetenzerwartungen
WORK HARD – PLAY HARD liefert einen ausgezeichneten Beitrag zur Frage, welche Transformationsprozesse in der modernen Arbeitswelt wirksam sind. Die Beschäftigung mit dem Film berührt wesentliche Kompetenzerwartungen der Fächer Politik, Wirtschaft bzw. Sozialwissenschaften. So können Beziehungen zwischen den Akteuren/innen wirtschaftlicher Prozesse (Arbeitgeber/innen, Arbeitnehmer/innen) erfasst werden und nach Hintergründen (Globalisierung, Digitalisierung, ökonomischer Erfolgsdruck) und wechselseitigen Einflüssen befragt werden. Zudem kann nach dem Rollenverständnis des Einzelnen, im Verhältnis zu gesellschaftlichen Instanzen und nach dem Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und Abhängigkeit in betrieblichen Strukturen, gefragt werden.
Da es keine Off-Kommentare gibt, müssen die Zusammenhänge zwischen den Episoden aus den O-Tönen und Bildern erschlossen werden, was eine hohe Aufmerksamkeit erfordert. Auch die Thematik des Films ist für Schüler/innen vermutlich nicht ganz leicht zu erfassen, weil es zum einen um Prozesse geht, in die sie naturgemäß wenig Einblick haben, und weil der Film zum anderen die Arbeit der beteiligten Menschen nicht inhaltlich aufschlüsselt, sondern sich vor allem mit der Steuerung von Arbeitsabläufen und der räumlichen Gestaltung beschäftigt.
Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, dass sich die Schüler/innen vor der Sichtung des Films zum einen selbst Gedanken über das Thema machen (Arbeitsmaterial E 1), sich aber zum anderen auch mit Schlüsselbegriffen beschäftigen, die im Film eine große Rolle spielen. Hierzu kann das Arbeitsmaterial C 3 (www.wissenschaftsjahr-2018.visionkino.de > Work Hard – Play Hard) herangezogen werden. Durch die Begriffserklärungen werden bereits erste Einblicke in die Ideenwelt vermittelt, die in WORK HARD – PLAY HARD thematisch bearbeitet wird. Zusätzlich kann auch das Interview mit der Soziologin Kerstin Jürgens hilfreiche Informationen bieten (Arbeitsmaterial C 8).
Erste Eindrücke zum Film können mit Hilfe von Arbeitsmaterial E 2 aufgefangen werden. Eine tabellarische Übersicht über den Filminhalt kann dabei als Unterstützung dienen. Sie dient zugleich als Orientierung für die anschließende Gruppenarbeitsphase. Arbeitsmaterial E 3 dient vor allem der Information über die Tätigkeit von Unternehmensberatern/innen, die im Film eine große Rolle spielen.
WORK HARD – PLAY HARD ist ein kühl beobachtender Dokumentarfilm, der in vielerlei Hinsicht von den gewohnten Gestaltungsweisen journalistischer TV-Dokumentationen abweicht. Es lohnt sich daher, einzelne Sequenzen genauer anzusehen. (Die Filmausschnitte stehen in der dazugehörigen PowerPoint-Präsentation zur Verfügung.) Im Mittelpunkt der Arbeitsmaterialien stehen vier Sequenzanalysen, die als arbeitsteilige Gruppenarbeit durchgeführt werden können (Arbeitsmaterialien E 4 bis E 8). Die Materialien bieten dabei Unterstützung zur inhaltlichen Erarbeitung der jeweiligen Passage, aber auch jeweils einen filmdidaktischen Schwerpunkt (Filmeinstieg, Visualisierung von Räumen, Darstellung einer Dialogszene, Montage), die zudem durch kreative Zusatzaufgaben vertieft werden können. Denkbar ist natürlich auch die Konzentration auf eines der Themen.
Um die unterschiedlichen Positionen zu dem Film ausschnittweise einzubeziehen, werden in Arbeitsmaterial E 8 drei Texte untersucht und mit eigenen Eindrücken in Verbindung gebracht. Ergänzend lässt sich an dieser Stelle das Arbeitsmaterial C 5 (gemeinsames Modul) einbeziehen: Das Porträt des Versicherungsangestellten vermittelt ein Gegenbild zu dem, was die Rezensenten aus dem Film heraus- lesen – es zeigt einen Arbeitnehmer, der die Gestaltungsmöglichkeiten einer veränderten Berufswelt als positiv empfindet.
„Kompetenzen in der digitalen Welt“
Naturgemäß liegt ein Schwerpunkt im Bereich „Analysieren und Reflektieren“ (Kompetenzbereich 6 im Kompetenzraster der Kultusministerkonferenz, Quelle s. u.). Produktionsorientierte Teilaufgaben betreffen auch Kompetenzen des Bereiches 3 (Produzieren und Präsentieren). Im Einzelnen werden folgende Kompetenzen einbezogen:
3.1.1 Mehrere technische Bearbeitungswerkzeuge kennen und anwenden
3.1.2 Eine Produktion planen und in verschiedenen Formaten gestalten, präsentieren, veröffentlichen oder teilen
3.2.1 Inhalte in verschiedenen Formaten bearbeiten, zusammenführen, präsentieren und veröffentlichen oder teilen
3.2.2 Informationen, Inhalte und vorhandene digitale Produkte weiterverarbeiten und in bestehendes Wissen integrieren
6.1.1 Gestaltungsmittel von digitalen Medienangeboten kennen und bewerten
6.1.3 Wirkungen von Medien in der digitalen Welt analysieren und konstruktiv damit umgehen
6.2.1 Vielfalt der digitalen Medienlandschaft kennen
6.2.2 Chancen und Risiken des Mediengebrauchs in unterschiedlichen Lebensbereichen erkennen, eigenen Mediengebrauch reflektieren und ggf. modifizieren
Quelle: „Bildung in der digitalen Welt“. Strategie der Kultusministerkonferenz, Beschluss vom 08.12.2016, www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/PresseUndAktuelles/2016/Bildung_digitale_Welt_Webversion.pdf.
Übersicht Unterrichtsmaterialien
Mögliche Unterrichtsszenarien
Der Film bietet vielfältige Anknüpfungspunkte für den Unterricht, vor allem in den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern. Um den unterschiedlichen inhaltlichen Bedürfnissen gerecht zu werden, werden im Folgenden mehrere Unterrichtsszenarien vorgeschlagen.
Medientipp und Literaturhinweise
Eva Bockenheimer, Carmen Losmann, Stephan Siemens (Hrsg.): Work hard play hard. Das Buch zum Film. 244 Seiten, 19,90 Euro Marburg, 2. Verbesserte Auflage 2014 Das Buch enthält Erläuterungen der Filmmacher, Hintergrundtexte und Interviews sowie zahlreiche Texte von Mitwirkenden, Zuschauern/innen, Experten und Journalisten.
Literaturhinweise
Martina Frenzel/Stephan Siemens: Indirekte Steuerung – neue Formen des Arbeitsdrucks. In: Gegenblende 31/2015. http://gegenblende.dgb.de/-/gl1 (aufgerufen am 30.10.2017).
Jan Krims: Fortschrittliche Arbeitspolitik im Kontext von indirekter Steuerung. Aufsatz zum Momentum-Kongress #6 „Zukunft der Arbeit“. http://momentum-kongress.org/cms/uploads/PAPER_Krims-Jan_Fortschrittliche-Arbeitspolitik-im-Kontext-von-indirekter-Steuerung.pdf (aufgerufen am 30.10.2017).
Henning Zander: Wenn der Unternehmensberater zweimal klingelt. www.welt.de/wirtschaft/karriere/leadership/article12469705/Wenn-der-Unternehmensberater-zweimal-klingelt.html (aufgerufen am 30.10.2017).
Arbeitsmaterialien und Lösungshinweise
Arbeitsmaterial E 1
Das Arbeitsblatt dient der thematischen Vorbereitung auf den Film. Indem die Schüler/innen ihre eigenen Gedanken zum Kernthema des Films äußern und sich darüber austauschen, entwickeln sie ein mentales Raster, vor dem sie die Eindrücke des Films umfassender verarbeiten können als ohne Vorbereitung. Der Gruppenchat kann auch elektronisch durchgeführt werden. Die Methode „Chatten auf Papier“ hat den Vorteil, dass der Verlauf der Gruppenarbeitsphase, ohne einen weiteren Zwischenschritt, transparent gemacht werden kann.
Arbeitsmaterial E 2
Episoden – Inhalte – Eindrücke
Die Übersicht über die Episoden des Films gibt den Schülern/innen die Möglichkeit, ihre Eindrücke nach dem Sichten des gesamten Films zu ordnen und zu verbalisieren. Die Leitfragen helfen bei einer ersten Fokussierung der Eindrücke. Zudem ist ein Rückgriff auf die Ergebnisse des Arbeitsmaterials E 1 vorgesehen.
Arbeitsmaterial E 3
Unternehmen – Berater/innen – Mitarbeiter/innen
Unternehmensberater/innen spielen im Film eine entscheidende Rolle. Das Arbeitsmaterial thematisiert ihre Funktion und ihre spezifische Rolle zwischen Unternehmensleitung und Mitarbeiter/innen.
Unterschiedliche Ziele
Das Unternehmen will eigene Produkte erfolgreich, d. h. möglichst kostensparend und gewinnbringend auf den Markt bringen. Andererseits benötigen die Unternehmen motivierte Mitarbeiter/innen und ein Mindestmaß an Übereinstimmung in den wesentlichen Unternehmenszielen. Die Unternehmensberatung ist als Dienstleister zunächst von der Unternehmensleitung abhängig, wird aber in der Beurteilung des Unternehmens möglicherweise zu eigenen, für das Unternehmen unbequemen Erkenntnissen kommen. Die Unternehmensberater/innen tragen keine langfristige Verantwortung für die Entscheidungen, die auf der Basis ihrer Erkenntnisse getroffen werden. Die Mitarbeiter/innen haben verständlicherweise zunächst einmal ihren eigenen Arbeitsplatz im Blick. Sie wollen ihn behalten und nicht durch Personalkürzungen überfordert werden. Sie respektieren die Unternehmensziele, die aber oftmals auch in einem Widerspruch stehen.
Situationen im Film
Die Präsenz von externen Beratern/innen wird vor allem in den Episoden über den Change-Prozess bei der Deutschen Post und das Assessment Center erkennbar. Aber auch in anderen Situationen (Interview am Anfang, Gebäudeplanung für Unilever, Vorstellung von Unternehmenssoftware) sind externe, beratende Personen im Spiel. Die Gespräche im Assessment Center bei Schott Solar führt eine externe Personalberaterin.
Arbeitsmaterial E 4.1
Der große Bogen - Anfang und Ende Dieses und die folgenden drei Arbeitsmaterialien können in Form einer arbeitsteiligen Gruppenarbeit angelegt werden. Dabei analysiert jede Gruppe mindestens einen Filmausschnitt und untersucht ihn mit dem Fokus auf ein inhaltliches Thema und ein filmisches Gestaltungmittel. Zudem erhalten die Schüler/innen eine kreative Zusatzaufgabe. Die erste Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit der Frage, wie sich der Film seinem Thema annähert.
Filmausschnitt 1
Der Ausschnitt gliedert sich in zwei Teile, die sich auf unterschiedliche Weise dem Thema des Films nähern. Dieser doppelten Hinführung entsprechen auch die zwei Schwerpunkte, die man in WORK HARD – PLAY HARD ausmachen kann: Es geht um die Frage, welche Rolle die Ressource Mensch in heutigen Management-Strategien spielt und es geht um moderne Bürokonzepte.
Im ersten Teil ist offenbar ein Auszug aus einem Bewerbungsgespräch oder Assessment Center zu sehen, in dem eine Frau Fragen an einen Mann richtet, der jedoch im Bild nicht zu sehen ist. Nach ersten, sehr kurzen Antworten ist vom Befragten auch nichts mehr zu hören – seine Antworten werden herausgeschnitten. Durch die besondere Gestaltung der Gesprächssituation wird auf eine sehr simple Weise eine Wirkung erreicht: Die Personalberaterin stellt ihre Fragen isoliert in den Raum – sie bleiben bei den Zuschauern/innen hängen. Es wird die Erwartung geweckt, dass im Laufe des Films Antworten folgen werden. Das verfremdete Interview setzt zudem den Fokus auf die Rolle der Fragenden – im Grunde richtet sie die Fragen gegen sich selbst. Als Zuschauer/in möchte man wissen, welche Vorstellungen von Arbeit und welche Erwartungen Unternehmens- und Personalberater/ innen mitbringen, wenn sie in ein Auswahlgespräch gehen. Sie sind diejenigen, die Rollenbilder formulieren, Management-Methoden entwickeln und festlegen, wie über Arbeit gesprochen wird.
Der zweite Teil des Filmausschnitts setzt die Annäherung an das Thema fort, indem er eine Planungssituation aufgreift. Architekten diskutieren über Räume, in denen gearbeitet werden soll, über ihre Vorstellungen von Arbeit und wie sie diese baulich umsetzen wollen. Dazu sind Modelle des zukünftigen Unilever-Gebäudes zu sehen. Eine Planungssituation ist sehr geeignet, um einen Dokumentarfilm zu eröffnen – sie weckt Erwartungen und löst Fantasien aus. Es wird über Absichten und Ideen gesprochen und der Film kann diesem Diskurs folgen (was er dann auch tut) und wie in einer wissenschaftlichen Versuchsanordnung überprüfen, ob die Realität den planerischen Ideen entspricht. Auf der visuellen Ebene entspricht das Papiermodell dieser Situation: Es ist Abbild und Vorgriff auf das, was noch kommt.
Filmausschnitt 5
Der Bogen zum Anfang wird in den letzten Bildern des Films geschlossen, indem die Situation wieder aufgegriffen und aufgelöst wird. Es zeigt sich, dass die Konstellation anders ist, als man zunächst dachte: Die Personalberaterin selbst ist diejenige, die einer Überprüfung unterzogen wird, nicht ihr unsichtbares Gegenüber. Dieses Gegenüber rückt jetzt ins Bild – es handelt sich um einen Kollegen oder Trainer, der ihre Bewertungsmethodik reflektiert. Diese Brechung könnte so gedeutet werden, dass die Rollen in der Arbeitswelt nichts Gottgegebenes sind, sondern etwas Gemachtes, das hinterfragt werden sollte.
Zusatzaufgabe: Filmeinstieg
Wenn die Schüler/innen dem Muster von WORK HARD – PLAY HARD folgen, könnten sie ihren Film beispielsweise mit der Planung einer Unterrichtsstunde starten lassen (z. B. in Form eines Gesprächs zwischen Referendaren/innen) oder mit einer Übung zum Auftreten vor (fiktiven) Schülern/innen, wie sie im Rahmen der Lehrerausbildung durchgeführt wird.
Arbeitsmaterial E 4.2
Sequenzanalyse II: Mensch – Arbeit – Raum
In der zweiten Arbeitsgruppe geht es um die filmische Inszenierung von Räumen, in denen gearbeitet wird.
Wirkung und gestalterische Mittel
Hinsichtlich der subjektiven Wirkung sind, je nachdem, um welchen Moment es geht, sehr unterschiedliche Reaktionen zu erwarten: Die Arbeitssituationen im ersten Drittel des Filmausschnitts wirken zum einen entspannt und konzentriert. Allerdings verlieren sich die Menschen zum Teil in den ungewöhnlichen Raumperspektiven (z. B. die Frau, die angesichts des vorbeifahrenden Schiffes ungerührt ihrer Arbeit nachgeht, der Blick senkrecht von oben auf die Empfangssituation). Da man kaum etwas über den Inhalt der Arbeit erfährt, sondern nur wenige Floskeln aufnimmt, bleibt das Bild von Arbeit diffus. Die Einzigen, deren Arbeitsinhalte konkret zu verstehen sind, sind die Reinigungskräfte. Aber auch sie kommen und verschwinden, als bewegten sie sich über eine Bühne, die ihnen letztendlich fremd ist. In der zweiten Hälfte des Ausschnitts wird die Situation „Empfangstresen“ in verschiedenen Bildern durchgespielt. Kameraperspektive und -bewegung sind so angelegt, dass die Menschen hinter dem Tresen zu verschwinden scheinen, ihre Handlungen wirken durch die Wiederholung austauschbar und entmenschlicht. Kommunikation findet in Floskeln statt, unter allem liegt Gemurmel und das Klackern von Tastaturen, als Soundtrack der Arbeit.
Den Geräuschen kommt in dieser Passage eine besondere Bedeutung zu, vor allem durch ein Telefon, das sich mit den penetrant wiederholten Worten „Are you there?“ meldet. Diese Stimme kann man über mehrere Einstellungen hinweg nicht zuordnen – sie hält die zusammenhanglose Bildfolge zusammen und hat etwas Gespenstisches, vielleicht auch Magisches oder Religiöses. Es lässt sich in diesen Moment des Films viel hineininterpretieren: Ein Ruf nach dem Menschen (oder dem Menschlichen), das sich in der geschäftsmäßigen Routine großer Unternehmen endlich melden soll. Filmisch gesehen hat diese Collage der Empfangstresen zugleich eine strukturierende Funktion. Mit ihr löst sich der Film unmerklich, aber elegant aus dem Unilever-Gebäude und leitet über zu einem neuen Abschnitt – der Empfangsdame, die schließlich den „Are-you-there“-Hörer abhebt – sie ist diejenige, die den Besucher dann zum nächsten Filmprotagonisten und damit zum nächsten Themenbaustein schickt.
Zusatzaufgabe: Fotos im Schulgebäude Möglichkeiten zur Gestaltung: z. B. Bildausschnitte, die vom Üblichen abweichen, extreme Perspektiven und Einstellungsgrößen. Hierfür geeignet sind z. B. ein Foyer, Flure oder Treppenhäuser.
Arbeitsmaterial 4.3
Sequenzanalyse III: Assessment Center
Die dritte Arbeitsgruppe untersucht die Interview-Situation im Assessment Center und ihre filmische Darstellung.
Inhalt des Gesprächs und Rollenverteilung
Die Interviewerin fragt die Mitarbeitenden des Unternehmens nach „Entwicklungsfeldern“ und gibt dabei auch gleich zu, dass es sich um eine beschönigende Umschreibung von persönlichen Schwächen handelt. Die Befragten befinden sich in einem Prozess des betrieblichen Aufstiegs und geraten dadurch in einen Konflikt: Sie wollen keine Schwächen offenbaren, aber andererseits zeigen, dass sie sich auf das Gespräch einlassen und sich mit dem Thema auseinandersetzen. Beide Interviewte geben eher unklare und verschlüsselte Antworten. Der Mann versteckt sich hinter Management-Floskeln, die Frau weicht bei der Frage nach ihrer Konfliktfähigkeit auf Allgemeinplätze aus oder schiebt vorgesetzte Mitarbeiter vor. Die Interviewerin stellt zunächst eine allgemeine Frage und fordert dann eine Konkretisierung bzw. reizt die Gesprächspartner/innen durch kurze Impulse zu einer Antwort. Sie gibt kein unmittelbares Feedback über ihre Einschätzung der Antworten. Sie ist zu jedem Zeitpunkt diejenige, die das Gespräch steuert. Ihre Machtposition wird nicht offen in Frage gestellt.
Relevanz für die Arbeit
Konfliktfähigkeit oder überhaupt die Sozialkompetenzen zählen zu den „Soft Skills“, die in heutigen Management-Konzepten von großer Bedeutung sind. Sie greifen aber eben auch weit in den persönlichen Lebensbereich hinein. Formen der Selbstoffenbarung wie in diesen Interviews gehören zu heute üblichen Bewerbungsverfahren – ob man dies akzeptiert, vielleicht sogar als persönlich bereichernd empfindet oder aber als einen weitreichenden und für die konkrete Arbeitssituation wenig aussagekräftigen Austausch, lässt sich kaum eindeutig beantworten. Alle Positionen sind begründbar.
Filmische Umsetzung
Ein Schuss-Gegenschuss-Verfahren ist erkennbar, es fällt aber auf, dass es hier asymmetrisch umgesetzt wird. Während der meisten Zeit sind die Befragten zu sehen, allerdings aus einer Position, in der Rücken und Hinterkopf der Interviewerin etwa die Hälfte des Bildes einnehmen (Kameraposition A 2 in der Grafik), sodass die Befragten regelrecht hinter ihr verschwinden. Dies gilt meist auch, wenn die Interviewerin spricht. Sie ist nur für wenige Momente von vorn bzw. von der Seite zu sehen (etwa Kameraposition B 3, teilweise auch beinahe C). Deren Mimik offenbart dabei kaum ein unmittelbares Feedback, denn sie wirkt routiniert, mit einer gewissen Abschätzigkeit. Man könnte zu dem Ergebnis kommen, dass Schnitt und Kamerakonzept das Machtgefälle in dem Gespräch wiederspiegeln. Übergänge zwischen den Interviews werden zum Teil in das Frage-Antwort-Schema hineingeschnitten: Man hört noch die Frage, die die Interviewerin dem Mann stellt, mit dem nächsten Schnitt antwortet die Frau. Dies ist nur möglich, weil die Gespräche sehr schematisch verlaufen und Fragen sich in beiden Gesprächen wiederholen.
Zusatzaufgabe: Kameraperspektive
Das Gespräch im Film wird weitgehend aus der Normalperspektive gezeigt. Diese Dimension kann in der Zusatzaufgabe erprobt werden. Üblicherweise gilt, dass die Untersicht Menschen stark und machtvoll wirken lässt. Umgekehrt erscheinen Menschen beim Blick „von oben herab“ (Aufsicht) klein und ohnmächtig. Das gilt in vielen Fällen, hängt aber auch von der Situation ab: Bei einem Gespräch zwischen dem Schulleiter/der Schulleiterin, der/die hinter seinem riesigen Schreibtisch sitzt und dem Schüler/der Schülerin, der vor ihm stehen muss, stünde die Positionierung der Personen der Perspektive entgegen, wenn die Kamera den Blickwinkel des jeweiligen Gesprächspartners/der jeweiligen Gesprächspartnerin einnimmt.
Arbeitsmaterial E 4.4
Sequenzanalyse IV: Change – Veränderung im Unternehmen
In der vierten Arbeitsgruppe geht es um strukturelle Veränderungen bei der Deutschen Post. Der Film erzählt davon, indem er Geschehnisse an verschiedenen Schauplätzen miteinander kontrastiert.
Szenenanalyse
Die Montage der Szenen wird als Wechsel zwischen Planung und Durchführung gedeutet. Dies entspricht sicher in Teilen der Realität, es ist aber unklar, ob den Beteiligten, die die „Umsetzung“ zeigen, bei den Dreharbeiten klar war, in welcher Rolle sie im Film zu sehen sein werden. Sie erscheinen passiv, sind in routinehaften Tätigkeiten oder während einer Zigarettenpause zu sehen; sie bekommen keine Möglichkeit, zu den Veränderungsprozessen inhaltlich Stellung zu nehmen, wie es z. B. in einem journalistischen Beitrag notwendig wäre. Dadurch wirkt der gesamte Prozess so, als würden beide Ebenen aneinander vorbei agieren, zugespitzt formuliert: als würde die Steuerungsebene eine Art Diktatur über passive Mitarbeiter/innen ausüben. Die Zusammenstellung der Szenen suggeriert das Gegenteil moderner, dialogorientierter Managementformen.
Dieses Spannungsverhältnis zeigt sich auch auf der sprachlichen Ebene: Dem Management-Slang stehen nur sehr wenige, alltagsnahe und zumeist banale Äußerungen der betroffenen Mitarbeiter/innen gegenüber. In einigen Einstellungen wird überhaupt nicht geredet, sodass der Eindruck von Sprachlosigkeit entsteht.
Lösungsvorschlag zur Tabelle auf S. 25
Möglichkeiten des Dokumentarfilms
Das Mittel filmischer Montage kann zu einer inhaltlichen Stellungnahme beitragen, weil Zuschauer/-innen intuitiv auch unkommentierte Einstellungen und Szenen in einen Kontext zu rücken. Insbesondere stellen sie kausale, zeitliche oder räumliche Zusammenhänge zwischen aufeinander folgenden Einstellungen her, auch wenn diese Zusammenhänge in der Realität nicht unbedingt existieren. Situationen, deren inhaltliche Bedeutung unklar ist und die vor allem über die Stimmung wirken, können so auch in die Nähe einer inhaltlichen Aussage rücken.
Zusatzaufgabe: Szenenfolge zur Digitalisierung in der Schule
In einer sehr einfachen Szenenfolge könnten Zitate aus einem schulischen Medienkonzept oder der Digitalstrategie der Kultusministerkonferenz mit Szenen aus einer realen Schulstunde, in der digitale Geräte eine Rolle spielen, gegeneinander geschnitten werden. Dies würde zu einer Diskrepanz zwischen klugen Ideen und dem Aufwand bzw. den technischen Schwierigkeiten führen, die mit der Realisierung digitaler Bildung verbunden sind.
Arbeitsmaterial E 4.5
Ergebnissicherung der Gruppenarbeit
Die Schüler/innen können die Ergebnisse der anderen Gruppen in der Tabelle übersichtlich zusammenfassen.
Arbeitsmaterial E 5
Ein Dokumentarfilm wie WORK HARD – PLAY HARD ist wesentlich offener für verschiedene Deutungen und Wahrnehmungen als beispielsweise ein journalistischer Beitrag. Den Schülern/innen sollte deutlich werden, dass widersprüchliche Wahrnehmungen hier nicht zur Ratlosigkeit führen müssen, sondern Teil des Rezeptionsprozesses sind. Es ist sinnvoll, verschiedene Stellungnahmen zu dem Film zu lesen und mit eigenen Wahrnehmungen zu vergleichen.
Darstellung der Arbeitswelt
Die Autoren sind sich darin einig, dass die Arbeitswelt eher negativ dargestellt wird, wobei die Akzente in der Bewertung ganz unterschiedlich gesetzt werden. Text 1 sieht insgesamt ein eher „trist-graues Bild“, während der Autor von Text 3 „bunte, aufgeräumte Bilder“ erkennt, die aber über den wahren Zustand der Arbeitswelt hinwegtäuschen. Worin die Täuschung liegt, wird in Text 2 differenziert beschrieben: Die „sedierte“ Sprache der Protagonisten/innen und die distanzierte Darstellung durch den Film ergeben ein ruhiges, klares Bild, das aber eine Welt zeigt, unter deren Oberfläche es brodelt – es herrscht ein massiver Veränderungs- und Optimierungsdruck, über den man nicht offen spricht.
Bewertung der filmischen Umsetzung
Die Autoren von Text 1 halten die Darstellung für zu negativ, gehen aber nicht auf Details ein. Am differenziertesten geht Text 2 auf die filmische Umsetzung ein. Sie wird für ihre klaren Bilder, die Sensibilität für die Sprache der Protagonisten/innen und den distanzierten Blick auf die einzelnen Situationen gelobt. Der Film erlaube es dem Publikum nachzuvollziehen, wo Unterstützung der Menschen in Ausbeutung durch Optimierung umschlage. Text 3 geht in eine ähnliche Richtung, sieht aber eine suggestive Wirkung des Films.
Zusammenhänge
Text 1 zielt vor allem darauf ab, dass die Unternehmen generell zu negativ dargestellt werden. Das geht damit einher, dass die Autoren als Personalberater eine unternehmensnahe Position einnehmen. Die Texte 2 und 3 sind Zeitungsrezensionen, ihr Fokus ist das Verstehen der Welt als Ganzes und die Frage, welchen Beitrag der Film dazu leistet. Beide sehen seine Funktion darin, dass er Macht- und Steuerungsverhältnisse offenlegt, die sonst eher verborgen bleiben. Hinweise darauf finden sich in Formulierungen wie „Anstrengungen des Apparats“ oder „Beschreibung einer Gegenwart, die sich dieser Beschreibung eigentlich entzieht“ (Text 2). Text 3 geht bei dieser Analyse noch wesentlich weiter, indem er hinter den Akteuren/innen des Films einen „ökonomischen Totalitarismus“ wirken sieht und stellt diesen in seinen Ausmaßen noch über den politischen Totalitarismus des 20. Jahrhunderts – eine Bewertung, die als problematisch eingeschätzt werden kann.